Experiment des Monats
Dezember 1998

LANDOLT-Zeitreaktionen

Im Jahre 1886 stellte HANS LANDOLT in den "Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft" Reaktionen zwischen Jodsäure und schwefliger Säure vor. Hierbei entsteht Jod, das mit zugegebener Stärke tiefblaue Jodstärke bildet. Abhängig von den Konzentrationen der eingesetzten Reagenzien erfolgt der Farbumschlag nach unterschiedlich langer Zeit. Es ist also möglich, eine "Chemische Uhr" zu bauen.
Die Landoltsche Zeitreaktion wurde seit der ersten Veröffentlichung vielfach modifiziert und optimiert, hier sollen zwei Varianten vorgestellt werden.

"Alt-Nassau-Reaktion"

Geräte und Chemikalien:
Bechergläser, Magnetrührer oder Rührstäbe, Meßzylinder.
Ethanol, Kaliumchlorat, Kaliumjodat, Natriumhydrogensulfit, Natriumsulfit, Quecksilberchlorid, konzentrierte Schwefelsäure, Stärke (Amylose).

LANDOLT-Reaktion

Lösung A: 4,3 g KIO3 in 1000 ml Wasser.
Lösung B: 2,2 ml (4,0 g) konz. H2SO4, 10 ml Ethanol und 1,16 g Na2SO3 in 1000 ml Wasser.
Lösung C: 0,1%ige Stärke-Lösung.

Becherglas 1: 100 ml Wasser + 20 ml (C) + 50 ml (B) + 50 ml (A).
Becherglas 2: 200 ml Wasser + 20 ml (C) + 50 ml (B) + 50 ml (A).
Becherglas 3: 300 ml Wasser + 20 ml (C) + 50 ml (B) + 50 ml (A).

Die Lösungen in der angegebenen Reihenfolge zugeben und dabei rühren. Die farblose Flüssigkeit in Glas (1) schlägt etwa 15 Sekunden nach Zugabe von Lösung A nach blau um, in Glas (2) nach 30 Sekunden, bei Glas (3) nach ca. 1 Minute.

Alt-Nassau-Reaktion

Lösung A: 0,3 g KIO3 in 30 ml Wasser.
Lösung B: 5 g KClO3 in 100 ml Wasser.
Lösung C: 0,1 g HgCl2 in 7,5 ml Wasser.
Lösung D: 0,6 g NaHSO3 in 45 ml Wasser.
Lösung E: 10 ml 0,1%ige Stärke-Lösung.

Die Lösungen in der angegebenen Reihenfolge in ein Becherglas geben und ständig rühren. Die zunächst farblose Flüssigkeit wird nach einigen Sekunden orangegelb und trüb, nach ca. 1 Minute schlägt sie nach blau um.

Erklärung:
Bei den Zeitreaktionen laufen mehrere Reaktionen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit ab:

IO3- + 3 SO32- I- + 3 SO42- (langsam)
5 I- + IO3- + 6 H+ 3 I2 + 3 H2O (schnell)
I- + I2 + Stärke Jodstärke
I2 + SO32- + 3 H2O 2 I- + SO42- + 2 H3O+ (schnell)

Jodat wird von (Hydrogen)Sulfit zu Jodid reduziert, diese Reaktion ist relativ langsam. Jodid und Jodat bilden in saurer Lösung elementares Jod, das mit einem weiteren Jodid ein I3--Ion bildet. Dieses kann sich in das Amylose-Polymer einlagern, wobei die tiefblaue Jodstärke entsteht. Jod wird jedoch auch vom Sulfit zu Jodid reduziert. Da diese Reaktion sehr schnell abläuft, tritt die Blaufärbung erst nach vollständigem Verbrauch des Sulfits auf.
Bei der Alt-Nassau-Reaktion wird beim ersten Auftreten von Jodid Tetrajodomercurat [HgI4]2- gebildet. Dieses ergibt mit Kaliumionen einen feinverteilten orangegelben Niederschlag.

Gefahren:
Die meisten Substanzen sind gesundheitsschädlich, Quecksilberverbindungen hochgiftig. Kaliumchlorat ist brandfördernd und kann zu Explosionen führen, wenn es mit brennbaren Stoffen vermischt wird. Schwefelsäure ist ätzend.

Entsorgung:
Schwermetallabfall.

Literatur:
H. Landolt: "Über die Zeitdauer der Reaktion zwischen Jodsäure und schwefliger Säure."; Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft, 19 (1886), 1317-1365
A. Skrabal: "Die Landoltsche Reaktion"; Zeitschrift für Elektrochemie, 28 (1922), 224-244
H. Römpp, H. Raaf: "Chemische Experimente mit einfachen Mitteln" - S. 154-156
H. W. Roesky, K. Möckel: "Chemische Kabinettstücke" - Versuch 102, S. 244-248
G. Wagner: "Chemie in faszinierenden Experimenten" - Versuch 87, S. 106-108



Archiv:

November 1998: Mineralisches Chamäleon




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Seite erstellt am: Montag, 30. November 1998, A. Schunk.